
Das Pubertier war noch nicht hier
Zum Glück! Denn was meine Freundinnen mit pubertierenden Töchtern erzählen, hört sich zermürbend an. Jede Kleinigkeit wird zu einer Wichtigkeit von ungeahnter Dimension. Es wird geschimpft und beschimpft, geschrien und getobt. Meistens endet es mit Vorwürfen und später mit Schweigen. Für mehrere Stunden. Das wiederum hört sich gar nicht so schlecht an. Manchmal wünsche ich mir das sogar. Allerdings sind wir davon weit entfernt. Die Kleene plappert in einer Tour. Und ihr fällt es schon schwer auch nur für eine Minute still zu sein. Die Große ist nicht ganz so mitteilsam, dafür habe ich aber immer das Gefühl, dass wenn sie schweigt, etwas nicht stimmt. Also löchere ich sie und frage: „Ist alles okay?“ Schweigen. „Sprich doch mal bitte.“ Schweigen. Meistens werden dann die Arme vor der Brust verschränkt und böse geguckt. Irgendwann später schreit sie: „Ich will meine Ruhe haben!“ Und läuft weg. Meistens versteckt sie sich im Bad hinter dem Wäscheständer, manchmal sucht sie sich aber neue Verstecke. Dann muss ich sie erst einmal finden. Sobald ich sie gefunden habe, läuft sie aber wieder weg. „Ich habe doch gesagt, dass ich in Ruhe sein will!“ und besser noch: „Ich wünschte ich hätte eine andere Mama!“ Autsch!Da ich aber gar nicht weiß, wo genau das Problem liegt, oder was ich möglicherweise falsch gemacht haben könnte, bleibe ich ruhig.
Diese Aussage ruft prompt die Kleene auf den Plan. „Für mich bist du die liebste Mama auf der Welt“, sagt sie während sie ihre kleinen Ärmchen um meinen Hals schlingt und mir einen feuchten Kuss auf die Wange drückt. „Liebe Mama, liebe Mama.“
Leider kommt diese Zuneigungsbekundung genau im falschen Moment. Denn wenn ich dann entgegne: „Ja, mein Schatz ich hab dich auch ganz doll lieb,“ schreit mir die Große entgegen: „Und mich hat niemand lieb! Ihr seid alle voll fies!“
„Liebes, natürlich habe ich dich auch ganz doll lieb“, sage ich zu ihr und versuche sie in den Arm zu nehmen. Sie gibt ihren Widerstand auf und lässt es geschehen.
„Und mich?“, fragt dann die Kleene. „Das ist voll gemein, dass sie jetzt in den Arm genommen wird und ich nicht!“
Das lässt mich ahnen, was in Pubertät so auf mich zukommen wird und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass bei uns jetzt schon ab und zu die kleine Schwester vom Pubertier wohnt …

