
Ich will nicht in den Wald! Ich will zu Ikea!
Es gibt Momente an denen mir schlagartig klar wird, dass ich zwei Stadtkinder großziehe. Nämlich dann, wenn es um unsere Freizeitgestaltung geht. „Mama?“, fragt die Kleene. „Was machen wir morgen?“„Wir fahren in den Wald!“, sage ich und denke, dass sie von dem Vorschlag begeistert sein müsste, doch: Fehlanzeige.
„Ich will nicht in den blöden Wald!“, schreit sie. „Ich will zu IKEA!“ Über diese beiden gegensätzlichen Vorschläge bin ich so erstaunt, dass ich für einen Moment nicht weiß, ob ich lachen oder weinen soll. Ich entscheide mich fürs Lachen. „Das Essen schmeckt da so gut.“ Wenn ich an das Essen bei Ikea denke, wird mir ganz mulmig zumute. Aber meine Kinder sehen das anders. „Du könntest doch bei Ikea in der Küche arbeiten und lernen wie man gut kocht“, mischt sich jetzt die Große ein. Autsch! Es ist kein Geheimnis, dass meine Kinder von meinen, zugegebener weise nicht ganz ausgeprägten Kochkünsten, wenig begeistert sind, aber das sie das Ikea-Essen so mögen das macht mich nachdenklich…
Kinderparadies Ikea
„Und Papa kann auch mitkommen!“, rufen sie begeistert. „Das wird toll!“ Das bezweifle ich. Mein Mann hasst Ikea. Ich konnte ihn bisher zwei Mal dazu bringen zu Ikea zu fahren. Beim ersten Mal musste ich im vorher einen Plan zeichnen, der den direktesten Weg zum Zielprodukt zeigte. Und die Zeit berechnen, die wir in dem Möbelladen verbringen mussten. Es waren 20 Minuten. Das zweite Mal, ist er zähneknirschend aus einer Mischung aus Solidarität, Mitleid und Gentlemen-Attitüde mitgekommen. Da war ich nämlich schwanger. Ihn aber jetzt dazu zu bringen auch nur einen Fuß in dieses Geschäft zu machen, ist schier unmöglich. Und wird nicht gelingen. Soviel steht für mich fest! Für die Kinder nicht. „Da können wir dann an diesen Computern spielen.“ Aha. Das ist natürlich ein Argument. In fast jeder Abteilung findet sich bei Ikea ein Kinder-Feature. Der Bildschirm an dem die Kinder Memory spielen oder Möbel zusammensetzen können, lieben sie. Prinzipiell ist der Gedanke ja auch nicht schlecht, denn während die Kinder davor sitzen kann Mama dann in Ruhe irgendwelche Stoffe aussuchen.
Heiß begehrt ist auch der Fernseher vor dem Kinderparadies, auf dem meistens „Feuerwehrmann Sam“, oder so etwas läuft. Während die Kinder auf kleinen Ikea-Hockern sitzen und nach oben auf den Bildschirm starren, sitze ich dann auf der Erwachsenen-Bank daneben und starre entweder dumpf vor mich hin, schaue mit und bemerke dass Feuerwehrmann Sam nicht ganz so doof ist, wie ich immer dachte oder – und das nur im schlimmsten Fall – zücke ich wie die anderen Eltern neben mir mein Handy und benutze das freie Ikea-Net, um Nachrichten zu lesen. Da mir das Bild von mir selber aber nicht gefällt, lasse ich das meistens und schaue mit, oder beobachte die anderen Familien. Was ja meistens auch ganz unterhaltsam ist.
Långland – Land für Große
Ich konnte meine Kinder noch nie dazu bewegen das Ikea-Kinderparadies, oder eher Kinderhort – Småland zu „erkunden“ und sie dort für eine gewisse Zeit „abzugeben“. Sie schauen zwar interessiert durch die Glasscheiben, entscheiden sich aber jedes Mal dagegen dort hineinzugehen. Schließlich sind Erwachsene darin verboten. Da aber kommt mir eine Idee: Es sollte genau so ein Paradies für Ehemänner geben. Das könnte dann „Långland“ heißen, was soviel bedeutet wie Land für Große. Dann könnte Frau sich beim Einkaufen schön viel Zeit nehmen und müsste nicht durch den Laden hetzen und würde nicht schief angesehen, wenn sie einen Kissenbezug oder ein Glas in die Hand nimmt. Der Ehemann würde dann im Långland mit anderen Ehemännern sitzen, Bier trinken, Tischfußball oder Schach spielen und im Fernsehen würde nicht Feuerwehrmann Sam laufen, sondern Fußball oder Nachrichten. Und alle wären glücklich.
Natur-Park-Südgelände
Am Ende sind wir weder zu Ikea noch in den Wald, sondern zum Natur-Park-Südgelände gefahren. Der Park befindet sich auf dem ehemaligen Rangierbahnhof in Berlin-Tempelhof. Neben der verfallen Bahnanlage sind vor allem neue Kunstobjekte in den Park integriert. So gibt es Röhren, Türme und Treppenwege, die man erklimmen kann. Es ist wie ein riesiger Spielplatz mitten in der Natur – vielleicht eine Art Småland in der Natur.

